Heute morgen, beim Aufschlagen meines Tagebuches entdeckte ich unvermittelt, dass ich im Eintrag von gestern eine Doppelseite übersprungen hatte. Zwei leere Seiten sahen mich an…auffordernd…
Mein erster Impuls: sofort etwas hineinschreiben, die weißen unbeschriebenen Blätter füllen.
Den Stift in der Hand, bereit loszulegen, spürte ich wie etwas in mir sich sträubte und in Unruhe geriet. Gedanken schossen durch meinen Kopf: Was schreibe ich denn jetzt? Zeichne ich etwas? Mir fällt nichts ein… Etwas Sinniges… etwas besonders Kreatives…
Druck stieg in mir auf! Die Unruhe nahm zu, so als müsste ich jetzt etwas erfüllen oder leisten!
Ich kann diese Seiten doch nicht einfach leer lassen!!!
Ich atmete tief ein, atmete aus, sah in die Sonnenstrahlen, die durch das geöffnete Fenster hineinschienen, spürte einen leichten Lufthauch und lies den Stift sinken.
Die leeren Seiten sahen mich nicht mehr an!
Sie waren einfach leer, waren einfach nur da und eröffneten mir mit einem Mal ein wohliges, befreiendes Gefühl!
Weite entstand. Nichts lenkte meinen Blick irgendwohin, nichts ließ mich haften bleiben, nichts beschränkte oder zog meine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Punkt!
Und ich atmete auf, wurde ruhig, spürte wie es nichts mehr zu füllen, zu tun, zu erfüllen gab.
Es war leer, es war weit… und es fand sich darin nichts und zugleich alles.
Ich erinnerte mich an mein Gefühl und meine Gedanken, als ich im Urlaub bei meinem Naturgang am Ostsseestrand in die Einfachheit und Klarheit der Natur eintauchte: weites Meer, stetig Wellen im Kommen und Gehen, Sand, Wind und über allem die Weite des Himmels. Im ersten Moment eine „aufgeräumte“ Landschaft, leer…
Leer?
Sitzen und aufs Meer schauen, in die Weite, die vermeintliche Leere, … und dabei so unglaublich ruhig werden, leer werden….
Und dabei so tief verbunden zu sein mit den Elementen, mit der Zartheit und Kraft, mit der Ruhe des stetigen Wellengangs und dem Brausen des Windes, mit dem seichten Ufer und der Tiefe draußen, mit dem Sand und der Sonne, mit dem eigenen Herzschlag und dem großen friedvollen inneren Raum, der entsteht, wenn nichts mehr muss und in der Leere gleichsam die Fülle zu spüren ist.
…. wenn zwei leere Seiten im Buch einfach nur leer sein dürfen, entsteht Raum…